Rüdiger Seydel

Professor für Mathematik



Lorenz-Dynamik

Hier präsentieren wir 3 Figuren zur Lorenz-Gleichung, die eigentlich nur mit farbigen Linien klar werden können. Es handelt sich um die Figuren 1.15 - 1.16 im Buch (dort leider nur SW).

Alle Figuren zeigen den gleichen dreidimensionalen Kasten ("bounding box"). Wenn die drei rechtwinklig zueinander stehenden Koordinaten mit y1, y2, y3 bezeichnet werden, so ist der spezielle Kasten definiert durch -30.le.y1.le.30,  -40.le.y2.le.40,  0.le.y3.le.70. In diesem Kasten sind rote Kurven geplottet. Diese roten Kurven sind zeitabhängige Trajektorien des berühmten Lorenz-Systems. Man stelle sich einen Partikel vor, der von einem Startpunkt ausgehend losfliegt entlang der Kurve. Dabei genügt die jeweilige Kurve/Trajektorie der speziellen Lorenz-Dynamik. (Bewegung der Partikel wie die von Fischen im Aquarium, letztere natürlich mit anderer Dynamik.) Zur Erklärung der Lorenz-Dynamik sind in anderen Farben spezielle Geraden und Ebenen eingezeichnet, die im Folgenden erklärt werden.


Das Lorenz-System hat drei stationäre Punkte. Bei den gewählten Parameter-Werten sind dies die drei Punkte 

      (y1,y2,y3)=(0,0,0) ,   (y1,y2,y3)=(12.5, 12.5, 39) , und  (y1,y2,y3)=(-12.5, -12.5, 39),

jeweils mit Dezimalpunkt und gerundet. Die Größe des Kastens ist so gewählt, das alle drei stationären Punkte enthalten sind. Linearisiert man die (nichtlinearen) Lorenz-Gleichungen, so kann man das lokale Lösungsverhalten in einer möglicherweise kleinen Umgebung um die stationären Punkte studieren.  Das ist mit der obigen ersten Figur getan: Der stationäre Punkt (0,0,0) liegt auf der Unterseite des Kastens, da wo sich die blaue Line und die in Grün angedeutete Ebene schneiden. Die grüne Ebene ist die stabile Mannigfaltigkeit, und die blaue Linie ist die instabile Mannigfaltigkeit zum Nullpunkt (0,0,0). Entlang der blauen Linie wird die Dynamik weg vom stationären Punkt führen, selbst wenn wir mit Trajektorien auf der stabilen Mannigfaltigkeit starten. Das ist in der obigen Figur illustriert mit insgesamt 6 Trajektorien (in rot). Zunächst dominiert noch das "Stabile", und die Trajektorien werden anfangs vom Nullpunkt angezogen. Aber die "Instabilität" gewinnt, und alle 6 Trajektorien werden schließlich vom Nullpunkt weggerissen. Zu bedenken ist, dass dieses Verhalten der Trajektorien lokal ist und nur gültig in einer Umgebung von (0,0,0). Insofern ist diese Illustration auch etwas irreführend; tatsächlich zeigt sie das Verhalten der um (0,0,0) linerarisierten Gleichung, und nur lokal das Verhalten der vollen nichtlinearen Lorenz-Gleichung.

In der nächsten Figur zeigen wir in ähnlicher Weise das lokale Verhalten der Trajektorien in einer Umgebung um die stationäre Lösung  (12.5, 12.5, 39).  Hier ist die instabile Mannigfaltigkeit zweidimensional (grüne Ebene) und die stabile Mannigfaltigkeit eindimensional (blaue Gerade). Zur Simulation starten wir eine Trajektorie am rechten Rand des Kastens, für y1=-30 (rote Trajektorie). Ähnlich wie oben dominiert wegen der Nähe zur stabilien Mannigfaltigkeit zunächst eine Drift in Richtung des stationären Punktes. Aber in der Nähe der instabilen Mannigfaltigkeit dominiert letztere und führt die Trajektorie weg von der stationären Lösung, dies geschieht hier spiralförmig:  

Die Dynamik um den dritten stationäre Punkt verhält sich analog. - Nun sind das Analysen mit Hilfe der Linearisierungen um den jeweiligen stationären Punkt. Was passiert global mit dem eigentlichen nichtlinearen System? Wir haben die drei instabilen stationäre Punkte, unten in der Figur mit blauen Sternen gekennzeichnet. Stabile und instabile Mannigfaltigkeiten dieser drei Punkte, oben lokal untersucht, interagieren. Wir starten eine Trajektorie in der Mitte des Kastens. Wenn die Ergebnisse obiger lokalen Untersuchung auch noch global wirken, dann erwarten wir, dass die Trajektorie zunächst auf den stationären Punkt (0,0,0) zustürzt. In der Tat, die unten wiedergegebene Simulation zeigt genau das: Eine starke Bewegung in Richtung (0,0,0).  Da der stationäre Punkt (0,0,0) aber instabil ist (s.o., die lineare instabile Mannigfaltigkeit ist in violett angedeutet), bewegt sich die Trajektorie schließlich abrupt weg.  Trajektorien des nichtlinearen Systems werden mal hier und mal da angezogen und abgestoßen, sie "tanzen" herum. Das zeigt die Simulation der folgenden Figur. Zum besseren Verständnis sind die Durchstoßpunkte der Trajektorie von oben nach unten durch die Ebene y3=29 (willkürlich gewählt) mit grünen Kreuzen markiert.